Zwei Uraufführungen
TEIL 1 – „Das Fest“,
Uraufführung: SA 1.4.2017, 19:00
Ort: Cafe KORB/Artlounge, Brandstätte 9, 1010 Wien
TEIL 2 – „Kleiderflug“ mit Modeschau und Benefiz-Aktion
Uraufführung: SA 8.4.2017, 19:00
Ort: Cafe KORB/Artlounge, Brandstätte 9, 1010 Wien
TEIL 3 – „Séance mit Wortspenden“ im Herbst 2017
Eintritt jeweils Freie Spende (Richtwert € 18.-/ermäßigt € 12)
Nebeneinander abseits. ist eine TRILOGIE aus Benefiz-Performances mit Texten der preisgekrönten jüdischen und feministischen Wiener Literatin Elfriede Gerstl (1932-2009). Jeder Teil basiert primär auf einer Textquelle: Spielräume (1977), bzw. KLEIDERFLUG oder lost clothes(1995) sowie der Postkartensammlung LOGO(S). Die ausgewählten Texte entstammen unterschiedlichen Lebens- und Werkphasen der Dichterin Elfriede Gerstl. Es wurden weitere Gedichte der Autorin verwendet, um die jeweiligen Texte zu ergänzen, so z.B. das Gedicht begrüßung des publikums. Alle Uraufführungen finden im Cafe KORB statt, einem Stammcafé der Autorin. Weitere Aufführungen finden im Café Siebenstern (7. Bezirk) bzw. im brick 5 (15. Bezirk) statt. Alle Erlöse aus den Benefiz-Performances kommen der Flüchtlingsorganisation „Asyl in Not“ unter Michael Genner zugute.
Gerstl misstraut Dogmen und will neue Denk-und Handlungsräume öffnen. Sie will beweglich und unabhängig bleiben, auch sprachlich. Ihr geht es um eine neue Freiheit, ein In-Bewegung-setzen des Texts. Sie will herausfinden, was ein freier Gedanke ist, und unter welchen Bedingungen man ihn äußern kann. Gerstls Skeptizismus ist ein permanenter Kampf um das Offen-Halten der Diskurse und bleibt dabei stets optimistisch.
Jede Einzelperformance wird eröffnet mit der konzertanten Darbietung des Gerstl-Gedichts wer ist denn schon zuhause.
Die erste Performance „Das Fest“ basiert auf dem poetisch-experimentellen Kurzroman Spielräume, in dem Gerstl sich satirisch-kritisch mit ihren Exiljahren der 60er Jahre in West-Berlin auseinandersetzt. Im Setting einer exzentrischen Cocktailparty als Sinnbild eines sinnentleerten Gesellschaftsrituals wird eine Vorstellungsrunde zu einer philosophisch-choreographischen Reflexion über „Fremd-Sein“ und Ausgrenzung. So wird die bürgerliche, sich radikal gebende Avantgarde von selbsternannten WeltverbessererInnen als Solche zum Thema gemacht, die sich am Ende nur im Großstadtdschungel verlieren. Zu diesem rastlosen Milieu passt auch die Textvorlage von Gerstl, ein experimentelles Gemisch von Lyrik, Essay, Erinnerungsbildern und Aphorismen.
Die zweite Performance der TRILOGIE ist ein experimentelles Hörspiel nach dem Langgedicht Kleiderflug oder lost clothes (1995), in dem Elfriede Gerstl ihre Leidenschaft für das Sammeln von Texten und Kleidern mit sechs Lebensjahrzehnten konfrontiert. Kleiderflug ist ein poetischer Bericht über Erinnertes, Angesammeltes: in präzise gebauten Versen erzählt die Autorin von ihren Lebensräumen, der Liebe zu Kleidern, und Texten. Sie benennt in dem Gedicht aber auch mit großer Leichtigkeit und ohne Pathos ihr Schicksal der Verfolgung, die Jahre voll von Mangel im und nach dem Krieg.
Eingebettet wird das Hörspiel in eine theatrale Modeschau, bei der Models Fundstücke aus Gerstls Archiv (verwaltet von Raja Schwahn-Reichmann) tragen. Begleitet werden sie von einem jungen Jazz-Duo. Im Anschluss findet eine Benefiz-Aktion zugunsten der Flüchtlingsorganisation „Asyl in Not“ statt. Susanne Widl, Besitzerin des Café KORB, hat für diese Aktion exquisite Kleider und Accessoires von Promi-FreundInnen gesammelt, die hier zu Sonderpreisen getandelt werden.
Der letzte Teil der TRILOGIE ist im Zuge der Wiederaufnahme des Projekts für Herbst 2017 in Planung. Er basiert auf der Postkartensammlung LOGO(S), die Elfriede Gerstl mit dem Autor und Lebensgefährten Herbert J. Wimmer aus 50 poetisch-satirischen Textkarten gestaltet und über die Jahre immer wieder ergänzt hat. In einer rituellen Séance mit Wortspenden werden ausgewählte Postkarten Zug um Zug von einer simplen Wäscheleine genommen, vorgelesen und mit persönlichen Kommentaren der PerformerInnen zu Gerstls Leben/Werk und Gedichten versehen. Danach können auch die ZuschauerInnen eigene Wortspenden beitragen – oder eine Geldspende für die Flüchtlingsorganisation „Asyl in Not“ leisten.
Konzept/Regie/Raum: Eva Brenner (A/USA)
Assistenz: Daphne Schöning (D/GR), Elisabeth Nesensohn (A), Safet Murati
Dramaturgie: Matthias Fallenstein (D)
Dramaturgische Mitarbeit: Joschka Köck (D)
Ausstattung: Markus Kuscher (A)
Performance: Michaela Adelberger (D), Constance Hyrohs (A),
Kari Rakkola (FIN), Sibylle Starkbaum (A), Karim Thiam (SN)
Choreographie: Sibylle Starkbaum (A)
Musik: Walter Nikowitz (A/ARG)
Produktionsleitung: Andrea Munninger (A)
Kostüme/Modeschau: Raja Schwahn-Reichmann (A)
Benefiz-Aktion: Franz Schubert (A)
Ehrenkomitee Benefiz-Aktion: Susanne Widl (A)
Models: special guests
Jazz Duo: Amon Maly (A/Gitarre), Kathi Hisberger (A/Saxophon)
weitere Infos: www.experimentaltheater.com
Hör mal, sagte Grit, ich hab wohl eine Art Geisteskrankheit, daß ich mir nicht in einer der konfektionierten wohlfeilen Ideologien warm und gemütlich machen kann; mit einer (nicht schädlichen) Portion Konsequenz (diesem moralphilosophischen Ladenhüter) ausgestattet, könnte ich weich und geschätzt in der Gesellschaft sitzen und mir elitär oder revolutionär vorkommen.
– Elfriede Gerstl, Spielräume, edition neue texte, Linz: Literaturverlag Droschl (Neuaufl. 1993), S. 31.
wär ja schön, eine veränderte welt, sagte (oder dachte?) Grit
– Elfriede Gerstl, Spielräume, S. 36